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Name: Oertel, Egidius
Geburt: um 1522 Nürnberg
Tod: 1619-04-15 Altdorf
Amtszeit: 1575
Status: Speisemeister
Biographica: Auffallend unter den Speisemeistern ist Egidius Oertel, der dieses Amt 1575, also noch zu Zeiten des Gymnasiums, antrat und später ab 1586 als Speisemeister der Akademie geführt wurde. Oertels Lebenslauf ist sehr viel schillernder als der eines ‚normalen’ Speisemeisters. Sein Urgroßenkel, der Altdorfer Graezist Georg Matthias König (1616-1699), fasste seine Vita in den „Vorlesungen zu berühmten Nürnbergern” mit den folgenden Worten zusammen: „Aegidius Oertelius, proavus meus maternus 1619 obiit. Erat primus Universitatis huius oeconomus multarum linguarum peritus. Vixit antea Monachii in Bavaria: cum religionem mutare nollet, Altd. se contulit.” (Egidius Oertel, mein Urgroßvater mütterlicherseits, starb 1619. Er war der erste Speisemeister der Universität und vieler Sprachen kundig. Er lebte zuvor in München zu Bayern: als er jedoch seine Religion nicht ändern wollte, kehrte er nach Altdorf zurück.)
Oertel wurde wahrscheinlich 1522 in Nürnberg geboren, möglicherweise aber auch zehn Jahre später, da er sich erst 1552 als Student der Rechte in Ingolstadt einschrieb. Andererseits ist bekannt, dass er mehrere Sprachen beherrschte und umfangreiche Reisen getätigt hatte – ob er dies allerdings über eine Zeitspanne von zehn Jahren und darüber hinaus vor seiner Immatrikulation tat, ist fraglich. Indes ist es ein Hinweis darauf, dass er wahrscheinlich zur Ehrbarenschicht Nürnbergs gehörte, wie auch die Ehen seiner Kinder (s.u.) bezeugen.
Anders als in Altdorf war es Ingolstädter Studenten gestattet zu heiraten, und so vermählte sich Oertel mit Sabina Frölich, einer Tochter des Ingolstädter Goldschmieds Georg Frölich. Die Feierlichkeiten zogen sich über mehrere Tage hin – woraufhin das neue Paar stante pede eine Strafgebühr für übermäßige Lustbarkeiten bezahlen musste. 1561 wurde Oertel auf zehn Jahre zum fürstlichen Diener und Sekretär in München ernannt. Seine Aufgaben waren zum einen die eines Sekretärs, der lateinische, französische und italienische Korrespondenzen verfassen sollte, zum anderen die eines Bibliothekars, der die Bücher der neu eingerichteten Münchner Hofbibliothek zu verleihen, neu einzukaufen und zu klassifizieren hatte. Sein Lohn war dementsprechend höher als der eines einfachen Sekretärs – Oertel erhielt 250 Gulden jährlich in bar und Naturalien, während einem normalen Sektretär lediglich 150, dem Archivar gar nur 130 Gulden bezahlt wurden.
Es war um Oertel also sowohl finanziell als auch gesellschaftlich gut bestellt, und es kommt die Frage auf, warum er einen solch lukrativen Posten zu Gunsten einer Anstellung als Speisemeister aufgab. Möglich ist, dass er seine Stelle verlassen musste, weil die 1570 verabschiedeten Satzungen des Münchner Religionsrates im Jahr 1573 verschärft wurden und der Protestant als fürstlich-bayerischer Beamter nicht mehr tragbar war. Allerdings findet sich in der Aufstellung des Etats für das Jahr 1573 eine Eintragung, in der die Räte darauf hinwiesen, dass Oertel 341 Bücher abhanden gekommen seien und sie deshalb empfahlen, auf seine weiteren Dienste zu verzichten. Inwiefern es Nachlässigkeit oder tatsächliche Unehrlichkeit war, die Oertel zu verschulden hatte, ist nicht bekannt. Oertel wurde daraufhin aber 1573 beurlaubt, obwohl sein Herr ihm noch 100 Gulden und das Angebot zur Führung des Zollamtes in Moosburg antrug.
Oertel jedoch wollte in seine Heimat zurückkehren und wurde dort Speisemeister. 1578 musste er sich wegen seines Freitisches verantworten, und auch später waren die Herren Studenten nicht immer zufrieden mit ihrem Ökonomus. Dies und seine sozial nicht unbedingt herausragende Stellung als Speisemeister tat seinem Ansehen indes keinen Abbruch: seine Töchter verheirateten sich mit Notaren, Bibliothekaren und Patriziern und seine Söhne trugen sich jeweils als 'patricius nornb.' in die Ingolstädter Matrikel ein.
Oertel starb 1619 im Alter von 97 oder 87 Jahren. Er war allerdings wahrscheinlich nicht bis an sein Lebensende Speisemeister – Georg Andreas Will verzeichnet, dass er nach 33-jähriger Amtszeit zurücktrat, also wahrscheinlich um 1608, was mit den Daten seiner Nachfolger Andreas und Johann Fuchs übereinstimmen würde.
(Jasmin Allousch)
Literatur: Georg Andreas Will: Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon oder Beschreibung aller Nürnbergischen Gelehrten beyderley Geschlechtes nach Ihrem Leben/ Verdiensten und Schriften [...]. Fortgesetzt von Christian Konrad Nopitsch. 8 Bde. Nürnberg, Altdorf 1755-1758 und 1802-1808, hier Bd. III, 1757, S. 70 f.
Elias von Steinmeyer: Die Matrikel der Universität Altdorf. 2 Bde. Würzburg 1912 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte, IV/1-2), hier Bd. II, 1912, S. 410.
Elias von Steinmeyer: Weitere Nachträge zum Altdorfer Personenregister. In: Karl Wagner: Register zur Matrikel der Universität Erlangen 1743-1843. München, Leipzig 1918 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte, IV/4), S. 631-651, hier S. 642.
Otto Hartig: Die Gründung der Münchener Hofbibliothek durch Albrecht V. und Johann Jakob Fugger. München 1917 (Abhandlungen der Philosophisch-Historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 28,3), S. 24-29.
Athena Norica. Bilder und Daten zur Geschichte der Universität Altdorf. Hg. von Werner Wilhelm Schnabel. Nürnberg 2012 (gff digital, Reihe A: Digitalisierte Quellen, 3), L4120.
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